außerparlamentarische Opposition \(APO\)

außerparlamentarische Opposition \(APO\)
außerparlamentarische Opposition (APO)
 
Die Studentenbewegung in den USA, die sich vor allem gegen den Krieg der Vereinigten Staaten in Vietnam richtete und die gleichen Bürgerrechte für die schwarze Bevölkerung forderte, griff ab Mitte der 60er-Jahre auch auf deutsche und andere europäische Universitätsstädte über. Zuerst erhob sich an der Freien Universität in West-Berlin der Protest der Studenten gegen die verkrusteten Hochschulverhältnisse (»Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren«). Als nach der Bildung der Großen Koalition die Opposition im Bundestag auf die kleine FDP-Fraktion beschränkt war, weitete sich der Protest der Studenten in Verbindung mit anderen oppositionellen Gruppen in der Bundesrepublik zur außerparlamentarischen Opposition aus.
 
Der Protest der vorwiegend von der jungen Generation getragenen Opposition, der begleitet war vom Aufkommen eines neuen Lebensgefühls, richtete sich gegen alle überkommenen Autoritäten in Schule, Elternhaus, Gesellschaft und Staat sowie gegen diktatorische Staatsformen in der Welt. Als anlässlich des Staatsbesuches des iranischen Schahs Resa Pahlevi in der Bundesrepublik und in West-Berlin Studenten gegen das Unrechtsregime in Iran protestierten und bei einer Demonstration am 2. Juni 1967 in West-Berlin der Student Benno Ohnesorg durch eine Polizeikugel getötet wurde, kam es zur Eskalation der Protestbewegung, die nun nahezu alle Universitätsstädte erfasste.
 
Störungen von Universitätsveranstaltungen, Blockaden des Straßenverkehrs durch demonstrative Sitzstreiks auf belebten Plätzen und Straßen (»sit-in«) häuften sich; Brandanschläge gegen das Verlagshaus des Axel-Springer-Konzerns in West-Berlin, gegen Kaufhäuser (erstmals am 3. April 1968 in Frankfurt) als Zentren der Übermacht des »Systems« und des »Konsumterrors« zeigten den Übergang der Protestaktionen zur Gewaltanwendung. Nach einem Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke am 11. April 1968 kam es in mehreren Universitätsstädten erneut zu Demonstrationen und Aktionen gegen Zeitungsbetriebe des Springer-Konzerns. Weitere Demonstrationen und ein Sternmarsch auf Bonn am 11. Mai 1968, an dem sich rund 30 000 Menschen beteiligten, richteten sich gegen die vom Bundestag diskutierte Notstandsverfassung, die am 30. Mai 1968 verabschiedet wurde.
 
Die aus einer Vielfalt von ideologischen Wurzeln, meist aus der marxistischen Gedankenwelt, entwickelten Vorstellungen der Studentenrevolte fanden, obwohl ein Zusammenhang mit der Arbeiterbewegung stets betont wurde, keine Zustimmung in den Arbeitnehmerschichten, die den spektakulären Aktionen mit Ablehnung und Unverständnis begegneten. Lediglich beim Kampf gegen die Notstandsgesetze (siehe auch Notstandsverfassung) kam es zu einem Bündnis mit den Gewerkschaften. Mit Ausnahme einiger kleiner Gruppen, die schließlich in den Terrorismus abglitten und im Untergrund weiter agierten, verebbte die Studentenbewegung gegen Ende des Jahres 1969. Ihr bleibendes Ergebnis war eine nachhaltige Veränderung der politischen Kultur in der Bundesrepublik. Viele Anhänger der APO fanden ihre politische Heimat bei der SPD, ein kleinerer Teil auch bei FDP, andere schlossen sich radikalen Organisationen wie der DKP an oder engagierten sich in den maoistischen K-Gruppen.

Universal-Lexikon. 2012.

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